Magazin für Einkäufer, Marktfirmen
und Fans des Grossmarktes Hamburg

mit Stephan Ibhler

Fotos: Großmarkt Hamburg



Stephan Ibhler, Jahrgang 1962, ist Imker mit Herzblut und das seit 15 Jahren. Warum er auch Bienenvölker auf dem Großmarkt Gelände angesiedelt hat und wie oft er im Jahr gestochen wird, erfahrt ihr im Interview.

Redaktion: Seit wann arbeitest du als Imker?

Stephan: 2007 habe ich mich das erste Mal „freizeitmäßig“ mit der Bienenhaltung beschäftigt – 2009 habe ich dann ein Praktikum über eine Bienensaison hinweg bei einem Berufsimker gemacht. Seit dem halte ich im Nebenerwerb Honigbienen – seit 2016 im Haupterwerb – seit 2018 zusammen mit meiner FreundinFrau.

Red.: Wie bist du auf den Beruf gekommen?

Stephan: Bienen haben mich schon früh neugierig gemacht – mein Urgroßvater hat geimkert (den habe ich nicht kennen gelernt – aber seinen Honig). Ein Freund lernte Imker als ich Tischler lernte und erzählte tolle Geschichten von der Arbeit, dem In-der-Natur-sein und den Tieren. Als ich meine Tischlerei in Altona der Kinder wegen aufgegeben hatte, war da unversehens Zeit und Lust etwas Neues zu lernen. Und dann hat es mich gepackt – es ist so spannend die Zusammenhänge zu begreifen – und landwirtschaftliche Urproduktion ist doch wirklich sinnvoll.

Red.: Wie oft pro Woche wirst du gestochen?

Stephan: Ich zähle die Stiche jährlich – dies Jahr bin ich bei 154 Stichen bis 30.08.

Red.: An wie vielen Orten haben deine Bienen ein zu Hause?

Stephan: Die Imkerei elbgelb hat 14 Standorte im Stadtgebiet – meine Idee ist, eine Standimkerei (also Ganzjahresstände und kaum Wanderungen mit den Bienen) zu betreiben, deren Stände alle im Hamburger Stadtgebiet liegen. Der Honig ist überaus spannend und vielfältig – ein Hyperlokales Erlebnis.

Red.: Seit wann stehen Bienenvölker auf dem Großmarkt Gelände am Billhorner Kanal und wie viele?

Stephan: Ich bin immer auf der Suche nach geeigneten Standorten. Diese müssen notwendiger Weise die Bedürfnisse der Bienen erfüllen und sollen Landmarken sein, die Hamburger eigentlich kennen sollten – da bot sich der Hamburger Großmarkt einfach an. Seit Juni 2020 darf sich der Großmarkt nun über zurzeit 10 Bienenvölker freuen, die unauffällig und sicher an der Kanalböschung stehen. Ein super Standort!

Red.: Wie bist du auf die Idee gekommen, auf dem Großmarkt Gelände Bienenvölker anzusiedeln?

Stephan: Über den Food Market, auf dem wir bisher drei Mal unseren tollen Honig verkaufen durften, bin ich auf das Großmarktgelände aufmerksam geworden. Es wäre doch amüsant, wenn ich auf dem Food Market Honig vom Großmarkt, also direkt von 100 m weiter verkaufen würde. Lokaler geht es nicht.
Unserer Auffassung nach setzt lebendige Esskultur die regionale Produktion voraus – in Hamburg gesammelt, in Hamburg geerntet, abgefüllt, verkauft und aufgegessen – der beste Honig ist der, von dem ich weiß woher er kommt.

Red.: Wie viele Bienen haben ca. ein Zuhause am Billhorner Kanal?

Stephan: In einem Bienenvolk leben im Winter ca. 5.000 – 15.000 Arbeiterinnen deren einzige Aufgabe es dann ist, die Stockmutter (Königin) zu wärmen. Im Sommer leben in einem Bienenvolk in der Spitze ca. 50.000 Arbeiterinnen, 1.500 Drohnen (männliche Geschlechtstiere) und eine Stockmutter.
So schwankt die Anzahl der Individuen der 10 Völker also zwischen 50- und 500.000 Bienen. Ich behaupte ja immer, ich sei Hamburgs gößter Arbeitgeber mit mehreren Millionen Arbeitnehmerinnen - Imker sprechen aber immer von dem Bien, die Gesamtheit der drei Bienenwesen (Arbeiterin, Drohn, Stockmutter) incl. des Wabenbaus und der Vorräte, die nur als Einheit funktionieren und von uns als ein lebender Organismus, ein Lebewesen angesehen werden – also 10 Völker.

Red.: Wann ist Erntezeit?

Stephan: Üblicher Weise ernten wir einen Frühjahrshonig (Ende Mai) und einen Sommerhonig (Mitte Juli) – die Frühtracht ist in Hamburg unsicher, ist zu wenig in den Kästen, dass sich eine Ernte wirtschaftlich nicht lohnt, verbleiben diese auf den Völkern und wir ernten Ende des Sommers einen Ganzjahreshonig.

Red.: Wo wird der Großmarkt Honig verkauft?

Stephan: Über einige Edeka-Händler, auf Sondermärkten und in unserem Betrieb in Ochsenwerder. Eine Auflistung findet sich unter www.elbgelb.de

Red.: Welchen Geschmack hat der Großmarkt Honig?

Stephan: Über 75% der Blüten finden unsere Bienen in Hamburg an blühenden Bäumen – so sind die Frühtrachthonige milder, blumiger und fruchtiger – die Sommerhonige, von der Linde dominiert, sind kräftiger, frischer und manchmal leicht minzig. Das Spannende sind die Beitrachten hinter den Haupttrachten, die den Honigen immer wieder anders schmecken lassen. Sehr schön ist auch der Honigtau, der den Honig dunkler macht und eine warme Karamellnote hat. Je nachdem welche Pflanzen in einem Jahr vom Wetter grade begünstigt werden, schmeckt der Honig jedes Jahr anders.

Red.: Wie viel Gramm Honig bringt eine Ernte?

Stephan: Den Großteil des Honigs verwendet das Bienenvolk für sich selbst. Ein Honigbienenvolk sammelt in Hamburg im Jahr zwischen 300 und 450 kg Nektar. Daraus stellt es zwischen 75 und 115 kg. Honig her. Wenn wir ein gutes Jahr haben, ernten wir von einem Volk im Durchschnitt 30 - 35 kg. Durch den Klimawandel (Trockenheit) haben wir in den letzten Jahren deutlich unterdurchschnittliche Ernten eingefahren.

Red.: Wie wird der diesjährige Großmarkt Sommerhonig heißen?

Stephan: Das steht noch nicht fest. Einem monofloralen Honig (wie Rapshonig) gegenüber haben wir alle eine Erwartungshaltung, wie er zu schmecken hat. Das ist aber bei einem Lagenhonig vom Großmarkt ganz anders und variiert von Jahr zu Jahr. Deshalb schreiben wir auch immer eine kleine sensorische Beschreibung des Honigs aufs Glas.
Der Honigname muss nun nicht nur der Lage (Standort) sondern auch der Sensorik gerecht werden. Die Ideen kommen uns meist erst beim Verkosten, bei der Bonitur.

Red.: Wie isst du Honig am liebsten?

Stephan: Als Löffelhonig - ich nasche Honig ungeheuer gern pur. Ich koche aber auch sehr gern mit Honig, als Salatsoße, im Müsli oder Joghurt. Auf Brot esse ihn am liebsten mit Käse.

Red.: Wie lagere ich Honig am besten?

Stephan: In unserem Honiglager wartet er bei ca. 14-16°C, dunkel und frei von Fremdgerüchten auf den Verkauf. Lagert man größere Mengen zuhause, wären die gleichen Bedingungen ideal, also z.B. im Keller – ein Twist Off Deckel sorgt für Geruchsfreiheit. Zum Verzehr, also im Zugriff steht er am besten in der Speisekammer bei Zimmertemperatur (nicht im Kühlschrank, sonst fällt es uns schwerer den Honig zu schmecken).

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