mit Joachim Köhler
Joachim Köhler hat 47 Jahre auf dem Hamburger Großmarkt gearbeitet. Zunächst als Ein- und Verkäufer, später nur noch als Einkäufer für Obst und Gemüse für einen großen Hamburger Betrieb. Eigentlich hatte er Fernmeldemonteur gelernt, aber als früh verheirateter Mann wollte er mehr verdienen. Sein Schwager, selbst Wochenmarkthändler und Kunde des Großmarktes, gab ihm den Tipp, es dort einmal zu versuchen. Er ging hin und blieb bis zur Rente vor 6 Jahren. Jetzt ist er wieder da und führt Besucher durch den nächtlichen Handel in der traditionsreichen Großmarkthalle
Redaktion: Nach 47 Jahren bist du in deine wohlverdiente Rente gegangen, dann aber nach 2 Jahren doch zum Großmarkt zurückgekehrt als „Touristenführer“ für den Großmarkt. Warum?
Joachim: Ich war wirklich gerne da. Ich habe meinen Job mit Herzblut gemacht. Der Großmarkt lässt dich nie wieder los. Auch mich haben die heiligen Obst- und Gemüsehallen nicht losgelassen.
Red.: Fällt dir das frühe Aufstehen nun schwerer als früher?
Joachim: Wenn ich Interessierte über den Großmarkt führe, bin ich um 4.45 Uhr auf dem Großmarkt. Die ersten zwanzig Jahre habe ich um drei, spätestens um vier Uhr angefangen, zum Schluss sogar um ein Uhr morgens und das war eigentlich schon spät. Probleme habe ich damit nie gehabt. Ich brauche nicht so viel Schlaf und man gewöhnt sich an den Rhythmus.
Red.: Welche Fragen werden bei den Führungen immer wieder gestellt?
Joachim: Ich bitte die Teilnehmer bevor es losgeht, ihre Fragen möglichst nach der Führung zu stellen. Da ich während der 2 - 2,5 Stunden Führung viele Informationen über den Großmarkt gebe, sind dann am Ende eigentlich immer schon alle Fragen beantwortet. (er grinst)
Red.: Wann sind die größten AHA-Momente der Führungsteilnehmer?
Joachim: Die Besucher sind normalerweise sehr konzentriert und saugen alle Informationen auf. Für sie ist das Betreten der Halle und des nächtlichen Handels Neuland. Ich höre oft am Ende der Führung, wenn ich mich mit den Teilnehmern unterhalte: „Ich sehe jetzt die Geschichte hinter dem Obst und Gemüse, das ich morgens im Supermarkt oder auf dem Wochenmarkt kaufe. Welche harte Arbeit dahinter steckt und durch wie viele Hände es gegangen ist bevor ich es in meinen Einkaufskorb lege.“
Red: Fällt dir eine Anekdote vom Großmarkt ein?
Joachim: 1989 nach dem Mauerfall wurde der Großmarkt überlaufen. Viele wollten sich selbständig machen. Eine Frau mit einem Hubwagen stellte ihre Ware zu den Kisten, die sie schon aufgeladen hatte, und ging weiter. Etwas später fragte mein Kollege mich, ob sie überhaupt schon gezahlt hatte. Nach kurzem Suchen hatten wir die Frau gefunden in der Halle. Sie dachte, dass es eine zentrale Kasse wie im Supermarkt gibt.
Red.: Was ist dein Lieblingsobst und -gemüse?
Joachim: Mangos, Melonen, Blumenkohl, Porree – bin eigentlich Allesfresser.
Red.: Hast du für unsere Leser noch eine Empfehlung?
Joachim: Neugierig? Dann meldet euch gleich für eine Führung an. Termine findet ihr unter www.grossmarkt.hamburg.de
Veröffentlicht am